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Sammlertreffen Eichenau 15.1.2011


1 Sammlertreffen Eichenau 15.Januar 2011

Beim diesmaligen Thema “Sammlerlatein” des vierteljährigen Eichenau-Treffens hätte ein seriöser Sammler wohl eher an die (ja oft auch lateinische) wissenschaftliche Terminologie der Rechen- oder Schreib-Apparate gedacht und nicht an eine aus dem berüchtigten “Jägerlatein” hergeleitete Metapher. Aber sogar ein systematischer Sammler wird zugeben müssen, dass es meist nur die Erlebnisse beim Erwerb der gesuchten Objekte sind, die einem gewöhnlichen Zuhörer als Motivation für die Sammlerleidenschaft mitgeteilt werden können. Denn mit den wissenschaftsgeschichtlichen Spezialbegriffen der Technikgeschichte kann ja doch nur eine winzige Minderheit der „immer schon dabeigewesenen“ Klubmitglieder mithalten.

 Einleitung

Also sollten möglichst kuriose Geschichten erzählt werden, selbst erlebte oder gehörte staunenswerte Anekdoten. Was dann so allmählich herauskam, füllte mehr als zwei Stunden und war mit Sicherheit amüsanter als manche (pseudo-)wissenschaftliche Lektion. Einer konnte sich vor Lachen gar nicht mehr halten, als er von der ausgetricksten Schlauheit beim Flohmarktfund eines Curta-Schnittmodells erzählt: ein Händler zeigt ihm eine Schachtel und fragt scheinheilig, was das sein könnte. Nach dem gleichgültig gekonterten Erkennen des Leckerbissens fragt unser Sammler, was das Ding da wohl kosten sollte und greift nach der Nennung des Preises ohne zu handeln sofort zu, man wird sich schnell einig. Nach Erhalt des Geldes hakt der Händler nach und fragt, ob denn der Defekt bzw. das „Fehlen“ einiger Teile nicht bemerkt worden wäre. Ja, antwortet der Schnäppchenjäger, genau deswegen hätte diese Curta mindestens den doppelten Wert.

Mit der anschließenden Geschichte der zufälligen Entdeckung einer Mercedes-Gauß inmitten einer umfangreichen Inventarauflösung, die „en bloc“ aus einer römischen Adelserbschaft übernommen werden musste, kann natürliche der gemeine Sammler nicht konkurrieren, sondern höchstens die Freude über einzelne Flohmarkt- oder Auktionsschnäppchen mitteilen. Da hat dann einer bei einer Breker-Auktion den Druckstock einer seltenen Rechenscheibe zu einem lächerlichen Einstiegspreis erstanden, der bei der vorherigen Auktion noch 20mal höher lag. Und ein anderer gibt uns sein Vergnügen zu verstehen, wie er zuhause den echten Wert einer verdreckten Flohmarkt-Erwerbung aufspürt.

 Rechenscheibe-Druckstock

Um diese „Kenntnis-Assymmetrie“, also die oft fehlende Kenntnis der Händler eines „echten“ Werts ihrer Angebote gegenüber der Erfahrung des Sammlers, drehen sich noch weitere Episoden, die bei den noch nicht so eingedeckten und vielleicht jüngeren Zuhörern fast Neid, oder mindestens Frustration hervorrufen. Schließlich ist die Zeit ja längst vorbei, wo – wie man hört - ausrangierte Büromaschinen „en masse“ als Schrott einfach aus dem Fenster geworfen wurden oder auf Flohmarkttischen landeten.

Die umgekehrten Situationen, bei denen ein Sammler von einem Händler über den Tisch gezogen oder sonstwie betrogen wurde, haben offensichtlich mit dem Thema des Treffens wenig zu tun, denn es werden praktisch nur persönliche „Erfolge“ berichtet. Die sicher nicht seltenen Enttäuschungen beim Zusammentragen der Objekte werden ja immer gern vergessen oder verdrängt. Bestenfalls empfindet man Schadenfreude, wenn unliebsame Kollegen vom Sammlerpech betroffen sind. Oder man weist – per angeführter Anekdote – auf „gefälschte“, also nicht-originale Schnitt- oder Demo-Modelle hin, die immer wieder zu Höchstpreisen auftauchen und schließlich auch ihren Marktwert haben. Weiter wird z.B. von einer Brunsviga-Doppelmaschine berichtet, die – in der Mitte auseinander gesägt – als zwei „unvollständige“ Maschinen auf verschiedenen Flohmärkten herumgeisterte. Ob die wohl ein Sammler als „kurbellose“ Brunsviga im Regal stehen hat?

Die Präsentation eines schmuddeligen „Ingenieurs-Messknechts“ mit nachgedrucktem Handbuch von 1876 passt dann zwar nicht ganz in die informelle Treffpunktsthematik, wird aber interessiert aufgenommen; man kann die zusammenklappbare Tabelle mit spitzen Fingern mal in die Hand nehmen und zugleich die dabei empfohlene Peilmethode begutachten. Unser Logarithmus-Spezialist sucht sogleich unter den vielen tabellierten Werten nach Logarithmen, wird aber wegen der schlechten Lesbarkeit nicht gleich fündig. In der beigefügten Vergrößerung der Messknecht-Tabelle können wir aber unter „2“ und „00“ in etwa die Mantisse 301 erkennen und daher log(2)=0.301 ablesen.

 Messknecht am Biertisch  log(2)=0.301 auf der Messknechttabelle

Vielleicht auch aufgrund der Erwähnung der Doppelmaschine kommt der – gleich akzeptierte - Vorschlag, beim nächsten Treffen deren Funktionen bei der Berechnung von  geodätischen Formeln zu analysieren und zu demonstrieren. Da werden wir dann alle wieder auf den Boden unserer geliebten Sammelobjekte zurückkehren und uns nicht bloß Geschichten erzählen, sondern unsere Schätze greifbar und begreifbar machen. Schließlich ist es des Sammlers höchstes Glück, wenn sich zur Theorie die Physizität gesellt, wenn er anschauen, anfassen und verstehen kann, was er und seine Freunde so zusammengetragen haben.

2 Copyright

Alle Rechte beim Verfasser

Erstellt von: Wolfgang Irler 18:09, 18. Jan 2011 (CET)



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