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Rechnerlexikon

Die große Enzyklopädie des mechanischen Rechnens

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Mercedes Euklid Geschichte


Inhaltsverzeichnis

1 Aus der Geschichte der MERCEDES-EUKLID Rechenmaschinen

Diese Abhandlung entstand 1938 und wurde im Rahmen des Euklid-Branchen-Lehrbuchs der Firma Mercedes Büromaschinen veröffentlicht

Über 30 Jahre sind vergangen, seitdem die ersten Mercedes-Euklid Rechenmaschinen in der Öffentlichkeit erschienen. Wenn man heute die erste Mercedes-Euklid Rechenmaschine Modell 1 mit dem letzten Modell 38 SM betrachtet, so sieht man schon im äusseren Aufbau, welche Entwicklung die Mercedes Euklid Rechenmaschinen in dieser Zeitspanne genommen haben.

Über Modell 1, welches im Jahre 1906 auf den Markt kam, berichtet die Chronik, dass diese Maschine eine rechteckige, kastenförmige Gestalt hatte; ihre Breite betrug 19 cm, ihre Höhe 8 cm und die Länge 37 cm. Das Gewicht wird mit ca. 12 Kg. angegeben. Das Schaltwerk zeigte eine Reihe von Einstellknöpfen, die in den Schlitzen mit der Skala 0-9 beweglich waren und die von rechts anfangend die einzustellenden Einer, Zehner usw. darstellen. Ein unter den Schlitzen befindliches Anzeigewerk liess die im Einstellwerk durch die Schieber eingestellten Werte kontrollieren. Das, was dieses Modell besonders auszeichnete, war neben einem neuartigen Divisions- und Subtraktionsprinzip vor allen Dingen die Sicherheit der Übertragung der Werte vom Einstellwerk in das Resultatwerk und damit die Sicherheit des Rechnens überhaupt. Während alle anderen auf dem Markt befindlichen Systeme auf dem Sprossenrad- bzw. Staffelwalzen-System beruhten, war in der Mercedes Euklid Rechenmaschine zum ersten Male ein neues Antriebsorgan konstruiert worden, dem das System des Proportionalhebels verbunden mit Zahnstangen zugrunde lag. Wie bereits in der Geschichte der Rechenmaschinen erwähnt, wurde die Euklid von dem Ingenieur Chr. Hamann in Berlin-Friedenau konstruiert. Hamann hatte dort in der Hedwigstrasse eine kleine Werkstatt, aus welcher vielerlei Rechenapparate hervorgegangen waren.

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An Rechenmaschinen wurde als erste die Gauss-Rechenmaschine hergestellt. Dieselbe war zunächst eine kleine runde Maschine für Geometer. Später stellte man sie als Handmaschine in 3 verschiedenen Modellen her. Neben der Gauss-Rechenmaschine wurde auch die Konstruktion einer Addiermaschine begonnen, aus welcher sich die Euklid-Rechenmaschine entwickelt hat. Es wurde noch eine zweite Addiermaschine in Angriff genommen, die den Namen Plus Maschine erhielt. Die Fabrikation der Gauss-Rechenmaschine und der Plus-Addiermaschine wurde später wieder aufgegeben.

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Im Jahre 1907 schloss sich die Firma Chr. Hamann an die Mercedes Büromaschinen G.m.b.H. in Berlin als Tochtergesellschaft an. Da die Räume in der Hedwigstrasse zu klein wurden, mietete man in Schöneberg, Benningsenstrasse grössere Fabriksäle. Die Herstellung der Euklid-Rechenmaschinen wurde hier weiter entwickelt und dort sind die ersten 8 verschiedenen Modelle in ihren Grundtypen entstanden. Nebenher wurden von Herrn Ing. Hamann verschiedene Modelle von Addier- und Rechenmaschinen neu konstruiert und ausgeführt. Besonders zu erwähnen ist die Sonderausführung einer Logarithmen-Rechenmaschine, welche im Auftrag des Kgl. Recheninstitutes, Berlin konstruiert wurde. Diese Maschine druckte 15 stellige Logarithmen selbsttätig und wurde von dem obengenannten Institut zur Herstellung einer umfangreichen Logarithmentafel benutzt.

Bald erwiesen sich auch die Räume in der Benningsenstrasse zu klein und nun wurde die Fabrikation nach Mehlis in Thüringen (dem heutigen Zella-Mehlis) verlegt, wo sie in einem neuen Gebäude auf dem Grundstück der Mercedes Schreibmaschinenfabrik untergebracht wurde. Die Entwicklung der Fabrikation nahm dort einen erheblichen Aufschwung. Der Krieg unterbrach die in der schönsten Blüte stehende Fabrikation vollkommen. Aus den vorhandenen Beständen an Teilen wurden während der ersten Kriegszeit noch einige Maschinen fertiggestellt, während jede Neuanfertigung unterblieb. Am 1. Januar 1916 ging die Chr. Hamann G.m.b.H vollkommen in die Mercedes G.m.b.H. über. Während des Krieges, am 1. Oktober 1917, wurde von der Deutschen Maschinenfabrik A.-G. in Zella ein Gebäude erworben, in welches später die Fabrikation der Rechenmaschinen verlegt wurde. Ein Rest von 15 Mann bildete Ende 1915 noch die Belegschaft des Rechenmaschinen Werkes.

Erst nach dem Kriege konnte die Fabrikation von Rechenmaschinen nach und nach wieder aufgenommen werden und so entstanden dann im Laufe der Jahre die verschiedenen Modelle der Euklid-Rechenmaschinen, die den Weltruf der Mercedes-Werke mit begründet haben.

 
Wenn man die bisherige Entwicklung der Euklid-Rechenmaschinen verfolgt, so kann man 4 Serien, die sich grundsätzlich unterscheiden, erkennen.

Serie I umfasst die Maschinen Modell 1-16
Serie II die Maschinen Modell 18 – 20
Serie III die Maschinen Modell 21 – 30
Serie IV bisher die Maschinen Modell 37 & 38

Die Serie I ist wiederum unterteilt in die Maschinen 1- 6, d.h. Maschinen mit halbautomatischer Stopdivision und in die Maschinen Modell 7 - 16, d.h. Maschinen mit vollautomatischer Division.
Die Merkmale der ersten Serie sind auch noch folgende:
Sämtliche Modelle mit ungerader Bezeichnung, einschl. Modell 2 sind Maschinen mit Schiebereinstellung, während sämtliche Modelle mit gerader Bezeichnung ausschl. Modell 2 Maschinen mit Volltaststur darstellen. Durch diese Einteilung ist es für den Kenner der Euklid-Rechenmaschinen sehr einfach, die einzelnen Typen auseinanderzuhalten.

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Die Euklid-Rechenmaschine Modell 1 wurde in 3 verschiedenen Kapazitäten geliefert und zwar 9 x 8 x 16, 11 x 8 x 16, 13 x 8 x 16.
Die erste Zahl ist stets die Zahl der Einstellschieber bzw. der Tastatur; die zweite Zahl diejenige des Umdrehungszählwerkes und die dritte diejenige des Resultatwerkes. Dass diese Grössenanordnung die richtige war, beweist, dass bisher sämtliche Mercedes-Euklid-Rechenmaschinen als Höchstkapazität 13 x 8 x 16 Stellen aufweisen.

Der Preis für dieses erste Modell betrug in Deutschland im Jahre 1911 für die 9 stellige Maschine 950.- Mark; für die 11 stellige 1000.- Mark und für die 13 stellige 1050.- Mark.

Da der Markt anfänglich sich gegen diese grossen Maschinen etwas ablehnend verhielt, versuchte man als Euklid Modell 2 eine Maschine mit etwas kleinerer Kapazität auf den Markt zu bringen. Ein 8 bzw. 10 stelliges Einstellwerk mit 8 stelligem Umdrehungszählwerk und 13 stelligem Resultatwerk war die Kapazität dieser Maschine, die aber bald wieder verschwand. Auch ein billigeres Modell ohne Division als Kopernikus-Maschine (Modell 3) bezeichnet, in der Kapazität 7 x 6 x 13, fand keinen Anklang. Modell 1 dagegen erreichte einen Absatz von mehreren Tausend Maschinen.

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Die erste Volltastatur-Maschine wurde 1912 unter der Modell-Bezeichnung 4 in dern Handel gebracht. Anstelle der Einstellschieber des Modell 1traten runde Tastaturknöpfe mit den Ziffern 1 - 9. Die Bedienung blieb dieselbe wie bei Modell 1, jedoch hatte die Volltastatur den Vorteil, dass die Maschine auch für Additionsarbeiten verwendet werden konnte. Durch einen Hebel A M wurden in Stellung A die Tasten automatisch ausgelöst.

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Die in der Praxis anfallenden Aufgaben erforderten gebieterisch eine Maschine, bei der es möglich war, Einzelwerte zu errechnen und zu sammeln, d.h. eine Maschine mit einem zweiten Resultatwerk. Nach vielen Versuchen entstand im Jahre 1913 unter der Modellbezeichnung 5 S das Modell 1 mit einem angebauten Summierwerk, in welches man durch einen Hebelzug den Wert aus dem Resultatwerk übernehmen konnte. Auch ein Negativzählwerk, welches sich bis heute ausserordentlich gut bewährt hat, wurde an diese Maschine angebracht. In der Kapazität von 9 Einstellschiebern, 8 Stellen im Umdrehungszählwerk und 16 Stellen im Resultat- und Summierwerk verliess dieses Modell die Werkstätten.

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Dieselbe Maschine mit Volltastatur Modell 6 S hat sich nicht gut eingeführt, da die Maschine zu schwer wurde. Als Volltastaturmodell wurde dazu Modell 4 genommen, dem ebenfalls das Summiewerk mit dem Negativzählwerk angesetzt wurde.

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Grösstes Aufsehen, auch in wissenschaftlichen Kreisen, erregten die im Jahre 1913 zum ersten Male gezeigten vollautomatischen Mercedes-Euklid-Rechenmaschinen Modell 7 und 8.

Zum ersten Male zeigte eine elektrische, vollautomatische Rechenmaschine ihre gewaltige Überlegenheit gegenüber den Rechenmaschinen ihrer Zeit. Für Multiplikation und Division sind nur jeweils beide Werte einzustellen, während die Maschine alle übrigen Arbeiten vollkommen selbsttätig ohne Hilfe der menschlichen Hand ausführt.

Voll Begeisterung schreibt in jener Zeit der Professor einer Sternwarte: "Was da unter der Marke Mercedes Euklid von zwei Berliner Ingenieuren demonstriert wurde, übertraf alles sonst Ausgestellte. Während ich sonst literarisch bei jeder Gelegenheit der Maschine des Würzburger Professor Selling das Wort geredet habe, muss ich gestehen, jetzt das Non Plus Ultra aller Leistungsfähigkeit kennengelernt zu haben....."

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Da das Problem der vollautomatischen Division an den elektrischen Maschinen gelöst war, war nunmehr euch die Voraussetzung dafür gegeben, diese Einrichtung an den bisherigen Handmaschinen anzubringen. Im Jahre 1924 entstanden so die Modelle 9 und 10. Modell 1 wurde trotzdem noch weiter verkauft, aber die Maschinen mit automatischer Division setzten sich nach und nach durch, noch dazu da der Preisunterschied nicht sehr gross war. Beide Modelle mit elektrischem Antrieb versehen, erschienen kurz darauf unter der Bezeichnung Modell 11 und 12.

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Die Modelle 5 S und 6 S wurden nunmehr auch mit elektrischem Antrieb und vollautomatischer Division versehen. Unter der Modell Bezeichnung 13 SE und 14 SE verliessen sie die Werke. Während Modell 13 SE infolge der Größe und Schwere keinen allzugrossen Anklang fand, wurde Modell 14 SE in zwei Kapazitäten gern gekauft. Später versah man letztere Maschine noch mit der flachen Würfeltastatur, die von Modell 16 ab sämtliche Tastaturmaschinen tragen. Als Modell 14 Sz war das verbesserte Modell 14 SE noch längere Zeit im Handel. Als letztes Modell mit Einstellschieber wurde im Jahre 1927 das Modell 15 auf den Markt gebracht. Während man bei den bisherigen Modellen mit automatischer Division zwei Umschalthebel kuppeln und einen anderen Hebel auf D stellen musste, war bei diesem Modell zum ersten Male nur eine Taste zu drücken. Dabei stellte sich die Maschine automatisch auf Division um. Auch die Handkurbel wurde bequemer angebracht, die Schlittenbewegung ist vereinfacht. Eine automatische Kommaeinstellung vervollständigte die Vorzüge dieses letzten Einstellschieber Modelles, welches sehr gern gekauft wurde und in allen Ländern grossen Anklang fand.

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Mit Modell 16, einer Handmaschine mit automatischer Division schliesst die Entwicklung der ersten Serie ab. Bei dieser Maschine wurde zum ersten Male eine neue Tastatur gezeigt, die sich ausserordentlieh gut bewährte, sodass sämtliche späteren Modelle ebenfalls mit dieser Tastatur ausgerüstet wurden. Anstelle der bisherigen Einstellknöpfe traten viereckige, würfelförmige Tasten, die ein Abgleiten von einer Taste unmöglich machten. Das Bild der eingestellten Werte erscheint plastisch und die kompakte Tastatur gibt der Maschine ein stabiles Aussehen. Die Umschalthebel für die beiden Zähl- und Rechenwerke fallen fort, an ihre Stelle treten Tasten. Auch die Löschung der Tastatur erfolgt durch eine neben der Tastatur liegende Taste. Die bei Modell 15 zur Anwendung gekommene automatische Kommaeinstellung ist auch an Modell 16 angebracht. Diese Kommaeinstellung hat sich gerade in den Jahren, in welchen die Rechenmaschinen - und zwar Tastaturmaschinen - mehr Anklang fanden, sehr gut bewahrt. Man hat diese Einrichtung später wieder fallen gelassen, da die Rechenmaschine sich immer mehr Eingang in den Büros verschaffte und die Menschen mit diesen Maschinen schnell und sicher umzugehen lernten. Die Entwicklung der ersten Serie fällt in ihren Anfängen in die Zeit vor dem Weltkrieg, erleidet dann eine grosse Unterbrechung durch Krieg und Nachkriegszeit, die Inflation ergibt einen sehr grossen Auftrieb, der Umsatz nach der Inflation fällt wieder und steigt allmählich in den Jahren der Scheinblüte Deutschlands wieder hoch an.

Bis zum Jahre 1928 sind die Modelle 7 V, 8 V, 9, 14 SE, 15 und 16 vorherrschend.

Das Jahr 1929 brachte eine ganz neuartige Form der Mercedes-Euklid Rechenmaschinen. Nachdem man Modell 17 als nicht geeignet verworfen hatte, erschien unter der Modell Bezeichnung 16 ein kombinierter Halb- und Vollautomat, der zum ersten Male in der Geschichte der Rechenmaschinen das Prinzip vertrat:
"Für jede Rechenart ist nur eine einzige Taste zu drücken".
Vorn links am Sockel der Maschine befinden sich 6 Tasten und zwar von links nach rechts: die Divisionstaste, die Cor-Taste, die Multiplikationstaste für negative Multiplikation, die Multiplikationstaste für positive Multiplikation, die Schlittenlauftaste nach links und die Schlittenlauftaste nach rechts. Zwischen den Schlittenlauftasten ist noch ein Knopf, der in herausgezogener Stellung die Maschine von vollautomatischer Multiplikation auf halbautomatische Arbeitsweise umschaltet. Die Additions- und Subtraktionstasten liegen rechts neben der Tastatur. Die automatische Kommaeinstellung vervollständigt die Eigenarten der Maschine, welche infolge ihrer Größe versenkt in einem mit zwei Flügelbrettern versehenen Arbeitstisch steht. Dieses Modell wurde in den nächsten Jahren verbessert und mit verschiedenen Zusatzeinrichtungen versehen, welche sich so bewährten, dass man dieselbe für die späteren Schnelläufer-Modelle übernahm. Die Einrichtung der mehrfachen vollautomatischen Multiplikation, des Multiplikator-Repetierwerkes, des begrenzten Schlittenaufzuges für Multiplikation, der voreinstellbaren Divisionsabschaltung, der Abschaltung des Umdrehungszählwerkes u.a.m. machte diese Maschine für alle Zwecke verwendbar. Trotz der immer schlechter werdenden Verhältnisse in Deutschland wurde die Maschine gern gekauft, während der im selben Jahr erschienene Halbautomat als Modell 20 keine weitere Verbreitung erfuhr.

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Da das Verlangen gestellt wurde, diesen neuen Maschinentyp auch mit dem bewährten Summierwerk und Komplementwerk zu versehen, wurde Modell 18 und 20 mit diesen Einrichtungen ausgestattet, wobei auch der Übertrag vom Resultatwerk in das Summierwerk, der bisher durch einen Handgriff ausgeführt werden musste, elektrisch durch Druck auf die S-Taste geschah. Auch die Rückübertragung aus dem Summierwerk in das Resultatwerk wurde möglich gemacht. Bei den Vollautomaten mit Summierwerk, die unter der Bezeichnung 19 SV im Jahre 1931 gebaut, wurden, während die Halbautomaten als 19 SE bereits ein Jahr früher erschienen, war die Schwierigkeit des angebauten Multiplikatorwerkes zu überwinden. Dieses Werk wurde zum ersten Male in den Schlitten verlegt. Der Umsatz in diesen Summierwerksmaschinen war nicht gross.
Die im Jahre 1931 zum ersten Male gezeigte Schnelläufermaschine bringt ein bisher unbekanntes Euklid-Bild. Klein, leicht, handlich und schnell, das sind die Merkmale, die die dritte Serie der Mercedes-Euklid-Rechenmaschinen ankündigen.

Während bei sämtlichen bisherigen Modellen der Schlitten vor dem Einstellwerk lag und die Übertragung zwischen Einstellwerk und Resultatwerk durch ein an- und abhebbares Parallelogramm geschah, zeigt das Äussere der Modelle der 3. und 4. Serie ein ganz anderes Bild. Anstelle des schweren Gußsockels und der schweren Rahmen treten Verkleidungen und Sockel aus Leichtmetall. Der Schlitten liegt in dem günstigsten Blickwinkel hinter der Tastatur und die Übertragung zwischen Einstellwerk und Resultatwerk geschieht durch eine Drehkupplung, die eine bedeutend höhere Tourenzahl (400 pro Minute) zulässt wie das bisherige Parallelogramm (320 pro Minute). Die Löschung erfolgt bei den elektrischen Modellen elektrisch. Anstelle der beiden Löschgriffe für das Umdrehungszählwerk und das Resultatwerk sind zwei nebeneinander geordnete Löschtasten getreten, deren kurzer Niederdruck sofort die Löschung verursacht. Neben diese beiden Tasten hat man die Löschtaste für die Tastatur gelagert, so dass es möglich ist, mit einem einzigen Tastendruck alle drei Werke gleichzeitig zu löschen. Der Schlittentransport nach beiden Seiten geschieht ebenfalls elektrisch durch zwei links neben der Tastatur liegende Schlittenlauftasten.

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Auch in den Modellbezeichnungen hat man wie bei der Serie I gewisse Merkmale getroffen. Während bei der Serie I im Allgemeinen die ungeraden Bezeichnungen Maschinen mit Schiebereinstellung, die geraden dagegen Maschinen mit Tastatureinstellung bedeuteten, sind bei der Serie III die Modelle mit ungerader Bezeichnung kleine Maschinen mit 6-stelligem Umdrehungszählwerk und 12-stelligem Resultatwerk, Maschinen mit geraden Modellbezeichnungen, ausgenommen Modell 30, Modelle mit 8-stelligem Umdrehungszählwerk und 16-stelligem Resultatwerk. Drei verschiedene Typen wurden zunächst hergestellt und zwar die Modelle 21 und 22 als Halbautomaten, die Modelle 25 und 26 als Halbautomaten mit Sondereinrichtung einer 10 Tasten Tastatur für Multiplikation. Diese Tastatur wird allgemein als Wahltasten-Tastatur bezeichnet, hat sich aber in Deutschland nicht sehr lange gehalten. Amerikanische Maschinen bevorzugen diese Art für Multiplikation. Weiter wurden die Modelle 27 und 28 als kombinierte Halb- und Vollautomaten gebaut. Wie bereits erwähnt, hatte man bei Modell 19 SV zum ersten Male versucht, das Multiplikatorwerk in den Schlitten zu legen. Bei den neuen Modellen liegt das Multiplikatorwerk im Schlitten links neben dem Umdrehungszählwerk.
Die Einstellung des Multiplikators geschieht durch Wirtel, späterhin auch durch Druck auf die X-Taste. Nach Einstellen von Multiplikand und Multiplikator wird ein Hebel nach oben oder unten gezogen und dadurch die Multiplikation ausgelöst. Die Modelle 21 und 27 werden später, wie bei den Modellen 22 und 28 schon von Beginn an, mit der Einrichtung der linkshändigen halbautomatischen Multiplikation versehen, so dass diese Modelle Einhandbedienung für Division und Multiplikation besitzen. Diese drei Typen, welche in den Jahre 1931 und 1932 auf den Markt kamen und die zum ersten Male auf der Internationalen Büromaschinen Ausstellung 1931 zu Berlin gezeigt wurden, fanden sehr grossen Anklang. Durch die Einhandbedienung der Halbautomaten wurde ein Blindrechnen gewährleistet, während man bei den Vollautomaten die Voreinstellung des nächsten Multiplikators während des Ablaufens des vorigen Wertes vornehmen kann.

Die Wahltastenmaschinen dagegen wurden nicht sehr begehrt, noch dazu, das der Preisunterschied zwischen Wahltasten- und Vollautomat nicht wesentlich war. Dem allgemeinen Wunsche, diese drei Typen auch mit Summierwerk und Komplementwerk zu versehen, folgte 1933 die Ausführung aller drei Maschinenarten mit einem unsichtbarem Speicherwerk und dem Komplementwerk. Zum ersten Male wurde das Speicherwerk in die Maschine verlegt so dass dadurch das Äussere der Maschine kaum geändert wurde und dadurch auch der Rechner nur diejenigen Zahlen, die er gerade benötigt, vor sich sieht, während die Zwischenwerte unsichtbar in der Maschine stehen.
Der Übertrag in den Speicher und das Rückübertragen aus dem Speicher in das Resultatwerk geschieht durch eine S-Taste, welche zweierlei Funktionen zu erfüllen hat: Übertragen und Rückübertragen. Die kleinen Maschinen erhielten die Modellbezeichnung 23 EP, 23 WP und 23 VP, während die grossen Modelle als 24 E, 24 W und 24 V auf den Markt kamen. Späterhin blieben nur noch die Halbautomaten mit Speicher bestehen, während die Wahltasten- und Vollautomaten nach Erscheinen der Ganzautomaten mit und ohne Speicherwerk vom Markt verschwanden.

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Die Bezeichnung für die Halbautomaten mit Speicherwerk war dann Modell 21 S und 22 S. Die Halbautomaten mit Speicherwerk wurden wie auch die entsprechenden Standardmodelle späterhin mit der Einrichtung der Tastaturteilung für Division versehen. Es ist bei diesen Maschinen bereits möglich, beide Werte einer Division, Dividend und Divisor, gleichzeitig nebeneinander in dieselbe Tastatur einzustellen. Auch wurde die Einrichtung angebracht, die Division zu unterbrechen.

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Die Halbautomaten in ihrer neuen Ausführung gewannen sehr viele Freunde. Ausser den Handmaschinen Modell 16 im Jahre 1927 hatte man keine Handmaschine mehr gebaut. Das Fehlen dieses Modells machte sich aber sehr bemerkbar und die als Melitta-Maschinen im Jahre 1925 herausgebrachten Sprossenrad-Maschinen konnten die Tastatur-Handmaschinen nicht ersetzen.

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So wurde dann im Jahre 1934 unter der Modellbezeichnung 29 eine Handmaschine auf den Markt gebracht, die in allen Ländern gern gekauft wurde. Die Maschine, deren Äussseres den übrigen Modellen der Serie III gleicht, hat automatische Division und Einhandbedienung bei Multiplikation. Sie wird nur in einer Kapazität hergestellt: 7 oder 9 stellige Tastatur, 6 stelliges Umdrehungszählwerk und 12 stelliges Resultatwerk. Die Löschung der Zähl- und Rechenwerke geschieht durch zwei grosse Löschgriffe, während eine L-Taste die Löschung der Tastatur vornimmt.

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Die Wirtschaftslage erforderte dringend den Bau einer billigen elektrischen Maschine und so entstand im Jahre 1935 als Modell 30 eine Maschine, die zwischen Modell 29 und dem Halbautomaten Modell 21 steht. Anstelle der vollautomatischen Division war zunächst gar keine Division, späterhin die sogenannte Stopdivision vorhanden. Elektrische Löschung und elektrischer Schlittentransport nach beiden Seiten vervollständigten die Einrichtung der Maschine, die nur in derselben Kapazität wie Modell 29 und 21 geliefert wird.

Die Internationale Büro-Ausstellung in Berlin im Jahre 1934 (IBA) brachte unter vielen anderen interessanten Büromaschinen eine Rechenmaschine, welche von der Fachpresse als "Das rechnende Wunder aus Zella-Mehlis" bezeichnet wurde. Deutsche Ingenieurkunst hatte eine Mercedes Euklid-Rechenmaschine geschaffen, welche alle anderen Rechenmaschinen in den Schatten stellte. Zum ersten Male in der Geschichte der Rechenmaschinen war es möglich, beide Faktoren einer Multiplikation oder einer Division gleichzeitig nebeneinander in eine Volltastatur einzustellen und durch Druck auf eine Taste den gesamten Rechenvorgang auszulösen. Vollständige Einhandbedienung für Multiplikation und Division runden das Bild dieser formschönen Maschine ab.

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Als Modell 37 und 38 fanden diese Ganzautomaten begeisterte Aufnahme in der ganzen Welt. Unter dem Motto:

Drei Zähl- und Rechenwerke . . . Drei Löschtasten
Vier Rechenarten . . . . Vier Kommandotasten
wurden diese Maschinen sofort bekannt.

Es dauerte nicht lange, bis man eine weitere entscheidende Neuerung an den Ganzautomaten anbrachte. Die Einrichtung der mehrfachen vollautomatischen Multiplikation (a x b x c.), welche in Verbindung mit dem Speicherwerk und dem Komplementwerk neue Arbeitsgebiete erschlossen, vervollständigten unter der Modellbezeichnung 37 SM und 38 SM diese beiden Maschinen.

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Auf der Frühjahrsmesse 1938 in Leipzig wurden dann die "S"-Modelle mit einem sichtbarem Speicherwerk versehen und an die grossen Modelle die Einrichtung der voreinstellbaren Divisionsabschaltung angebracht.

Die Geschichte der Mercedes-Euklid-Rechemnaschinen lässt erkennen, wie eine Spezialfirma sich aus kleinsten Anfängen zu einem Weltunternehmen entwickelt hat, welches heute ungefähr 4000 Angestellten und Arbeitern Lohn und Brot gibt.

 
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2 Hinweis

Die Unterlage wurde uns von Manfred Pfeifer, Berlin, zur Verfügung gestellt. Wir haben den Text mit Hilfe von OCR gewonnen und weitgehend in der originalen Schreibweise belassen. Die Bilder und Tabellen entsprechen den Originalen, die mit der Schreibmaschine geschrieben wurden.

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4 Copyright

Alle Rechte beim Verfasser

Eingestellt von: F. Diestelkamp 15:51, 3. Feb 2006 (GMT)

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