Sammlertreffen Puchheim 14.1.2012
Sammlertreffen Puchheim, 14, Januar 2012, Sammlungsdokumentation und -Präsentation - Vorstellung anhand persönlicher Beispiele
Trotz des Schneegewitters vom Vortag fand gegen Mittag ein Dutzend Hartgesottener den Weg nach Puchheim, nicht um schöne Maschinen zu bewundern, sondern über originelle Ideen zur Dokumentation derselben zu diskutieren. Schon am Vormittag hatten die wahren Kenner einige Leckerbissen einer ganz besonderen Sammlung bewundern können und - was der Geldbeutel hielt - sogar was davon erwerben. Denn ein Kollege hatte in seinem Keller jede Menge Kartons einer eben aufgekauften, kompletten Sammlung aufgestellt und wartete nur auf Angebote. Zu seinem Bedauern gingen aber hautsächlich die seltenen Stücke weg, nicht mal geschenkt wollten die Standardmaschinen neue Besitzer finden. Die versierten, schon viele Jahre aktiven Sammler haben eben schon fast alles und suchen nur noch nach Gelegenheiten, ihre Serien zu vervollständigen und Herstellerlücken zu schliesen. Anfänger für unsere Leidenschaft sind leider rar, die Jungen haben ja meistens noch nie eine mechanische Rechenmaschine gesehen, geschweige denn je einen Rechenschieber benutzt.

Zum zentralen Thema des Treffens konnten die Zuhörer die Reflektionen des hier schreibenden Autors über sich ergehen lassen, die einen Bogen zu schaffen suchen vom einfachen Ansammeln von Rechengeräten zur Kunst der Präsentation derselben in eigenen Ausstellungen und deren angemessener Dokumentation. Ob diese doch etwas theoretischen Erörterungen neue Sammlerinteressen in unseren jungen Gästen zu wecken imstande waren, sei dahingestellt, aber immerhin sind sie nicht davongelaufen. Im Gegenteil zeigten sie eine intensive Beteiligung, als sie mittels einer schnell herbeigeholten Brunsviga erst die Addition und dann die anderen Operationen mit den Algorithmen auf Papier vergleichen konnten, während nacheinander die Sammlerfreunde ihre eigenen Dokumentationsbemühungen darlegten.
Im Gegensatz zu den vorher angepriesenen, eher ästhetischen Aspekten der Sammlungsmotivation und -dokumentation, dominierten nun die technischen Aspekte, wie Einsatz von Tabellenprogrammen und der Organisation einer beschreibenden Datenbank. Zusätzlich kam die fast philosophische Frage auf, ob der Sammler für sich selbst sammelt, um möglichst viele Objekte zu besitzen, oder ob er seine Leidenschaft auch als altruistische Aufgabe sieht, einen Teil der Technikgeschichte für die Nachwelt zu retten oder zumindest zusammenzuführen und damit ein breiteres Publikum zu begeistern. Die Träume von einem eigenen Museum hat vielleicht so mancher, aber meist nicht mal eine griffige Idee, wie er potenzielle Interessenten in seinen Keller locken könnte. Oft sind es beengte Wohnverhältnisse oder konträre Familieninteressen, die ein adäquates Herzeigen der eigenen Schätze behindern.
Aber die Präsentation einer Sammlung kann ja heutzutage auch virtuell inszeniert werden. So kann man auf einer Internetseite seine Dokumentation international verfügbar machen, auch wenn die Originale in Kartons den Keller füllen. Und wer nicht die nötigen Kenntnisse und Ausrüstung besitzt, kann ja im Rechnerlexikon eigene Fotos einstellen oder die von anderen kommentieren. Sowieso scheint dieser Wikipedia-Idee ein längeres Leben beschieden zu sein, als mancher noch so sorgfältig aufbereiteten Web-Seite: jeder kann unzensiert was beitragen, jedes Detail kann das Gesamtwerk vervollständigen, manchmal anonym, manchmal mit Anspruch auf Copyright, und das Fortleben ist vom Einzelnen unabhängig. Die prinzipiell technisch-wissenschaftlich orientierten Artikel des Rechnerlexikons leiden jedoch wieder an der gleichen Beschränktheit wie die eigentlichen Sammlertreffen: es sind meist immer die gleichen Leute beteiligt und interessiert. Denn das Bedürfnis, etwas genaues über veraltete Rechengeräte zu erfahren, haben nur die wenigsten. Das mitgebrachte, bunte Plakat der vielen Produkt-Logos aus der vergangenen Technikgeschichte versucht da auf seine Weise, durch die hoffentlich akzeptierte Ästhetik ein paar Neugierige hinzuzugewinnen.

Die langen Warteschlangen vor vielen Kunst- und Antiken-Ausstellungen beweisen, dass (zumindest) Kunstgeschichte und Altertum ein stetes Publikum anziehen, wogegen technische Sammlungen meist mäβige Besucherzahlen aufweisen. Daher die diskussionswürdige Idee, einen ästhetischen, vielleicht auch künstlerischen Aspekt in unsere farblosen Ansammlungen von Maschinen und deren Präsentation zu bringen. Auch das Rechnerlexikon sollte vielleicht ein bisschen über den Tellerrand seiner Kernbestimmung gucken und die in Ansätzen vorhandenen eher un-technischen Beiträge auf die gleiche Stufe der hochwissenschaftlichen Aufsätze stellen. Es muss ja nicht gleich eine Facebook-Präsenz mit andauernden Twitter-Meldungen über neue Artikel sein, könnte aber in die Diskussion einflieβen.
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Erstellt von: Wolfgang Irler 11:25, 2. Apr 2012 (CEST)
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